Lebenslauf einer Margarinefigur !
Von der Idee bis zur fertigen Figur.
In der Firma Wagner (Margarine) sollen kleine weiße Figuren als Werbemittel bei
Margarine und Butter mit zugegeben werden. Fritz Homan und Siku haben diese
Werbeart ins Leben gerufen. Es wurden nun Themengebiete gesucht die dem Zeit-
raum der Werbeaktion angepasst wurden. Die Idee, zu Weihnachten sollte eine
Adventsserie 1 erscheinen. Zeichner und Grafiker mussten nun die Ideen
zeichnerische umsetzen. Die Figurengröße in den Zeichnungen (1) waren nach
dem Maßstab 1:1, 1,5:1, 2:1 oder noch größer gezeichnet.
(1)
Wurden die Figuren in den Entwürfen von dem Auftraggeber für gut befunden,
kam der nächste Arbeitsschritt. Bildhauer und hochbegabte Holzschnitzer
wurden nun beauftragt die Figuren zu schnitzen. Von der Firma Küster bekam nun die
Firma Otto Glöckner, Bildhauerei und Modellbau, Lemgo (2), den Auftrag die Figuren nach
den Zeichnungen zu schnitzen. Der Bildhauer und Holzschnitzer Siegbert Amler (3)
hat durch persönliche Mitteilungen einige hundert dieser Figuren geschnitzt und den
Arbeitsablauf wie folgt mitgeteilt:
"Die Figuren wurden in den angegebenen Maßstäben aus Lindenholz geschnitzt.
Lindenholz wurde deswegen verwendet, weil kreuz und quer geschnitzt werden
konnte, ohne dass das Lindenholz gerissen oder gespaltet wurde.
Alle Figuren hatten eine genaue Gewichtsvorgabe, dieses wurde mit Briefwaagen
ständig überprüft. Hatten die Holzmodelle nicht das entsprechende Gewicht, musste
nachgearbeitet werden. Das Gewicht der Figuren musste deshalb genau sein, da für
jede Figur eine bestimmte Menge an Polystyrol berechnet wurde.
Je nach Auftrag wurden die Figuren körperlich oder reliefartig geschnitzt."
Diese Holzmodelle (6) wurden vom Auftraggeber, der Firma Wagner und der Firma
Küster überprüft und abgenommen. Alle Holzmodelle gingen in den Besitz der
Spritzgußfirma Küster.
Von den Holzmodellen der Figuren wurden nun Gipsabdrücke als Negative hergestellt.
Diese Negativformen wurden mit dem Pantografen (Storchschnabel-Prinzip)
abgeriffen und in die Stahlplatten eingraviert.(4)
Prinzip des Pantografen (5)
Der Pantograf (gr. Alleszeichner) oder Storchschnabel ist ein Instrument zum
Vergößern oder Verkleinern von Zeichnungen. Mathematisch erzeugt er eine
zentrische Streckung.
Die Konstruktion besteht aus einem beweglichen Gestänge, in das ein
Parallelogramm eingebaut ist. Bei dem Instrument wird ein Punkt O (schwarz),
der Pol, festgehalten. Er bildet das Streckzentrum. Durch das Gestänge wird
der Punkt P (blau) beim Fahrstift auf den Punkt P` (rot) beim Zeichenstift ab-
gebildet. Fährt man mit dem Fahrstift eine Figur F (blau) ab, so zeichnet der
Zeichenstift die zu ihr ähnliche Bildfigur F` (rot) . Die Schienen sind verstellbar,
so dass sich verschiedene Streckfaktoren einstellen lassen.
Bei dieser Anordnung ergibt sich eine Vergrößerung. Vertauscht man Fahrstift
und Zeichenstift, so ergibt sich eine Verkleinerung.
War die Gußform hergestellt, wurde ein Probeguß durchgeführt. War das Ergebnis
von den Figuren gut, konnte die Produktion anlaufen. In Heimarbeit wurden
die Figuren nachgearbeitet, Angußstifte, scharfe Kanten usw. mussten enfernt
werden. Durch einen Zeitzeugen wurde mündlich mitgeteilt, dass in der JVA Kleve
in den 50iger Jahren solche Figuren auch zusammengebaut und bearbeitet
wurden. In großen Behälter wurden dann tausende von Figuren an den Auftraggeber
geliefert. Dort wurden die Figuren an den Einzelhandel weiter verteilt,
bis sie schließlich in unsere Kinderhände kamen.
Herzlichen Dank für Ihre Unterstützungen bei den Nachforschungen :
Frau Irmgard Glöckner, Lemgo, Zeitzeuge
Frau Brigitte Harbarth, Wees
Herr Siegbert Amler, Bildhauer, Glücksburg, Zeitzeuge
Herr Jürgen Schneiders, Kleve, Zeitzeuge
( ein Angehöriger war Justizbeamter)
Herr Dr. Christian Küster, Wedel/Holstein, Zeitzeuge
Herr Prof. Dr. Hans-Joachim Vollrath, Würzburg
Herr Dr. Stefan Wiesekopsieker, Bad Salzuflen
Quellennachweis:
(1) Originalzeichnung der Firma Küster, vom 30.07.1953, Adventserie 1.
(2) Firma Glöckner, Bildhauerei und Modellbau, Lemgo/Lippe
Echterstr. 79, die Firma gibt es nicht mehr.
(3) Herr Siegbert Amler, Bildhauer, Glücksburg www.siegbert-amler.de
(4) www.margarinefiguren.de > Firmengeschichte Hersteller > Firma
Küster Kolibri, weitere Informationen zur Herstellung von Margarinefiguren
(5) Prof.Dr. Hans-Joachim Vollrath, Universität Würzburg
Institut für Mathematik, Lehrstuhl für Didaktik der Mathematik
(6) Gesucht werden originale Holzmodelle oder Bilder solcher Figuren
Ich hoffe ich konnte Ihnen einen Überblick geben, wie aufwendig die Herstellung
unserer Margarinefiguren waren. Viele kreative Ideen und Hände waren
notwendig, um unsere Kleinode herzustellen.
Danke !